Neben zahlreichem Schmuck aus Bronze und den wertvollen Stücken aus Gold und Silber gibt es aus Haithabu noch die Fundgruppe mit Schmuck aus Blei-Zinn-Legierungen.
Dieser Schmuck ist im Vergleich zu Schmuck aus Edelmetall einfach herzustellen. Die niedrigen Schmelztemperaturen von Zinn und Blei ermöglichen es in einfachen Formen aus Holz, Horn, Stein oder Ton zu gießen. Diese können auch mehrfach wiederverwendet werden. So ist eine (Massen-) Produktion von billigem Schmuck möglich.
Die Fibeln und Anhänger kopieren die Formensprache der Stücke aus Bronze und edleren Metallen. Es sind aber auch Stücke gefunden worden, die sich vom sonstigen Schmuck unterscheiden und in ihrer Art einzigartig sind.
Ich wollte den Guss in einfachen Holzformen schon länger probieren, jetzt hat sich aber endlich die Gelegenheit und die Zeit dafür ergeben.
Formenbau
Die Form der Kleeblattfibel ist aus einem Block Eiche geschnitten, die kleinere Fibel und der Anhänger aus Esche. Mit der Verwendung von unterschiedlichem Holz wollte ich ausprobieren wie die Unterschiede in der Bearbeitung und beim Guss sind und ob es Unterschiede in der Lebensdauer gibt.
Die Esche war dabei wesentlich einfacher zu bearbeiten und gibt auch durch ihre feinere Struktur ein besseres Oberflächenbild.
Als Vorlage habe ich mir Funde aus Haithabu ausgesucht, diese in Originalgröße ausgedruckt und auf die Holzteile übertragen. Mit kleinen Schnitzmessern und Stemmeisen habe ich zuerst die Grundform ausgeschnitten. Danach wurde mit unterschiedlichen Bohrern und dem Messer das Muster eingeschnitten. Auf der Rückseite der Form musste bei den Fibeln noch die Nadelrast eingeschnitten werden.
Mit Hilfe einfacher Knete habe ich die Form immer wieder abgedrückt und kontrolliert dass die einzelnen Musterelemente gut erkennbar waren.
Zinnguss
Ich habe alle Stücke mit reinem (99%) Zinn gegossen. Die Originale sind aus einer Blei-Zinn-Legierung hergestellt, da Blei aber bekanntermaßen giftig ist lasse ich das lieber weg. Die Formen wurden mit einer Klammer zusammengehalten und das heiße Zinn eingegossen.
Lebensdauer der Formen
Ich habe in allen Formen mehrere Güsse gemacht, teilweise bis zu zwanzig Stück. Nach den ersten Güssen habe ich an einigen Stellen nochmals nachgearbeitet um das Ergebnis zu verbessern.
Die beiden Formen aus Esche haben dabei keinen Schaden genommen und man kann sie weiterhin ohne Problem verwenden um neue Abgüsse zu machen.
Bei der Form aus Eiche sieht es leider nicht ganz so gut aus. Die Eiche ist sehr rissig und an ein paar Stellen an der Oberfläche leicht gesprungen. Dadurch entstehen beim Guss jetzt unschöne Grate die später in der Nachbearbeitung aufwändig entfernt werden müssen.
Nachbearbeitung
Die einzelnen Stücke habe ich an den Rändern gefeilt und anschließend mit dem Messerrücken poliert. Das reicht um einen schönen silbernen Glanz zu erreichen.
Bei den Fibeln muss auf der Rückseite natürlich noch eine Nadel angebracht werden. Beim Umbiegen der Nadelrast habe ich die ersten Dutzend Güsse erst einmal kaputt gemacht bis ich den Dreh raus hatte. Mit genügen Vorsicht lässt sich nun auch das Zinn biegen ohne dabei abzubrechen.
Die Nadeln sind aus Stahldraht gebogen und mit einem kleinen Eisendorn vernietet.
Zukunft
Ich muss sagen dass der Zinnguss in die Holzformen echt Spaß macht. Die Formen sind schnell geschnitzt, die kleine runde Fibel zum Beispiel hat nicht mal eine Stunde gebraucht. Den Guss selbst kann man einfach im Keller durchführen, das Zinn muss ja nicht so wirklich heiß werden. Die Nachbearbeitung geht schnell und man kann sich innerhalb kürzester Zeit schöne Schmuckstücke machen.
Was ich noch ausprobieren will (wann ist wieder Winter?) sind Formen aus weiteren Materialen. Ich habe schon ein paar Geweihstücke und Specksteine bereit liegen um noch ein paar Formen zu bauen. Mal sehen ob das auch so gut funktioniert.
Literatur
Kurt Schietzel: Spurensuche Haithabu. Neumünster 2013
Hans Drescher: Untersuchungen und Versuche zum Blei- und Zinnguß in Formen aus Stein, Lehm, Holz, Geweih und Metall: Ein Beitrag zur mittelalterlichen Gießtechnik von Kleingerät. In Frühmittelalterliche Studien Band 12, Heft 1. 1978
Torsten Capelle: Der Metallschmuck von Haithabu: Studien zur wikingischen Metallkunst. Neumünster 1968
Herbert Jankuhn: Die Ausgrabungen in Haithabu (1937 – 1939). Berlin 1943
3 Antworten auf „Guss von Zinnschmuck nach Haithabu“
Das sieht wirklich sehr gut aus. Ich wusste nicht, dass es auch so einfach ist, das selber zu gießen. Für ein Turnier möchte ich dringend ein Pokal gießen lassen. Wie sieht es da preislich aus?
Hallo! Ich gieße keine Aufträge und habe daher auch keine Idee was so etwas kosten würde.
Viele Grüße!
Wow, was für eine beeindruckende Arbeit und ein spannendes Projekt! Der Zinnguss nach historischen Vorlagen aus Haithabu ist nicht nur kreativ, sondern auch eine tolle Möglichkeit, altes Handwerk wieder aufleben zu lassen.